Ein spannendes, berührendes Kinderbuch der Extraklasse: Das Abrakadabra der Fische

Leselevel: ♦♦♦♦♦
Wissenssteigerung: ♦♦♦♦♦
Humor: ♦♦♦♦♦
Spannung: ♦♦♦♦♦
Gefühl: ♦♦♦♦♦
Elternvergnügen: ♦♦♦♦♦
Zielgruppe: 10 – 110 Jahre

320 Seiten, gebundene Ausgabe um € 15

Themen: Familie, Freundschaft, Geheimnis, Streit, erste Liebe, Scheidung, Aufwachsen, Bauernhof, Mühlen, Deichlandschaft, Brüder, Klassiker der Gegenwart

Wenn man nur schnell genug fährt, fliegt man in der Zeit zurück. Mama rast wie eine Verrückte über die Straße, Bäume und Schilder fliegen wie in einem Nebel vorbei, der Motor heult und brüllt. Sie sitzt vorgebeugt und umklammert das Lenkrad. Bei jeder Kurve werde ich in meinem Gurt so hin- und hergeschleudert, dass ich einen Lachanfall bekomme. Ich schiebe mein Fenster auf und der Wind tost herein und packt meine langen Haare. Das ist toll, ich vergesse ganz, dass ich Bauchweh habe. ‚Ju-hu!‘, schreie ich. ‚Ju-hu!‘“ (Seite 7).

So braust die 12-Jährige Vonkie nach einem schlimmen Streit der Eltern zu ihrem Opa Eisen, bei dem sie eine Woche lang bleiben soll, damit ihre Eltern die Dinge auf die Reihe bringen können. Opa wohnt auf einem Hof inmitten einer idyllischen Deichlandschaft, und er erzählt Vonkie gern von seiner Kindheit. Wie er und sein Lieblingsbruder Beule den Scheißbalken angesägt haben und ein anderer Bruder geradewegs ins dampfende Dunkelbraun fiel, wie Beule und er Blutsbrüder wurden und dann die Blutsfeder vergraben haben, wie die Kiebitzeier vom Glückstag zu neuen Streichen führten. Nur wenn Vonkie nachbohrt, warum Opa nun keinen Kontakt mehr zu Beule hat, macht Opa zu und würde am liebsten davonlaufen. Macht er auch manchmal, zu Mitternacht zur alten Mühle zum Beispiel, aber da darf Vonkie nicht hin. Zusammen mit ihrem Großcousin Sven findet sie schließlich heraus, was damals passiert ist. Ob man das noch gerade biegen kann?

Eine herausragende Geschichte, einfühlsam und packend erzählt von Simon van der Geest, der überraschenderweise kein alter, pausbäckiger Schriftsteller mit eisgrauem Bart ist, sondern ein 1978 geborener Autor von Gedichten, Theaterstücken und Büchern. Nein, nicht überraschenderweise! Dieser Mann ist ein Sprachvirtuose und zählt zu den bedeutendsten niederländischen KinderbuchautorInnen.

Almud Kunert ist es gelungen, den genialen Titel, „Das Abrakadabra der Fische“, und die Essenz des Buches in ein großartiges Coverbild zu gießen. Auch die Vignetten sind sehr ansprechend!

Aus dem Niederländischen übersetzt wurde das Buch von niemand Geringerem als Mirjam Pressler, die um die 500 Bücher ins Deutsche übersetzte, selbst über 40 Kinder- und Jugendbücher schrieb und leider im Jänner 2019 verstarb. Dass dieses großartige Buch in dieser feinen deutschen Fassung vorliegt, ist eine große Freude!

Ich bedanke mich sehr herzliche beim Thienemann-Esslinger-Verlag für das Rezensionsexemplar.

Simon van der Geest. Das Abrakadabra der Fische. Stuttgart: Thienemann-Esslinger Verlag, 2019. Übersetzt von Mirjam Pressler. Die Originalausgabe erschien 2016 unter dem Titel Spijkerzwijgen.

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