Interview mit Anne Sanders alias Lea Coplin aka Alexandra Pilz auf der Lit Love in München am 11.11. 2018

Anne Sanders Lea Coplin Alexandra Pilz Interview Lit Love 2018 11 11 2018 Brigitte Wallinger Kinderbuchblog

Ich war letzten Sonntag in München auf der Lit Love, einer jährlichen Veranstaltung der Random House-Verlage für alle Liebhaberinnen romantischer Belletristik. Es war toll! Kann ich Euch echt wärmstens empfehlen! Hingefahren bin ich hauptsächlich für das untenstehende Interview mit der sympathischen Jugendbuchautorin Lea Coplin (alias Anne Sanders aka Alexandra Pilz), aber ich habe sämtliche Lesungen, Gesprächsrunden und vor allem die nette Lit Nerd-Community sehr genossen.

Die unter drei Pseudonymen publizierende Schriftstellerin aus München, die am gleichen Tag wie Jane Austen Geburtstag hat, gewährt im Interview tiefe Einblicke in die Zusammenarbeit von Autorin, Literaturagentur und Verlag, erklärt die Sache mit ihren Pseudonymen und plaudert ein bisschen aus dem Nähkästchen, zum Beispiel wie sie sich belohnt, wenn mal wieder eins ihrer Bücher an der Spitze der Spiegel-Bestsellerliste landet. Übrigens haben mir andere Autoren auf der Lit Love erzählt, welch dominante Rolle die Verlage spielen, zum Beispiel beim Festlegen von Titel und Cover. Wusstet Ihr das?

 


Als Anne Sanders (im Blanvalet Verlag) hat die Schriftstellerin ihre größten Erfolge gefeiert, im Bereich der romantischen Belletristik. Ich liebe ganz besonders Sommer in St. Ives (2016), aber auch Mein Herz ist eine Insel (2017) und ihre jüngste Publikation Sommerhaus zum Glück (2018) sind große Erfolge. Bald wird Wild at Heart – Willkommen im Hotel der Herzen folgen.

Ihr Erstlingswerk, Zurück nach Hollyhill, erschien im Februar 2013 beim Verlag Heyne fliegt unter dem Pseudonym Alexandra Pilz. Dieses Jugendbuch ist eine Mischung aus Fantasy, Romanze und Thriller und war so erfolgreich, dass zwei weitere Bände folgten.

Im April 2018 erschien das geniale Jugendbuch Nichts ist gut. Ohne dich. im dtv Verlag unter dem Pseudonym Lea Coplin. Den Folgeband Nichts zu verlieren. Außer uns. (publiziert im September 2018) hebe ich mir für die Weihnachtsferien auf – ich freue mich jetzt schon darauf!


 

Interview mit Anna Sanders (AS) alias Lea Coplin aka Alexandra Pilz auf der Lit Love in München am 11.11. 2018

 

BW: Lass uns doch mit Deinen Pseudonymen starten. Du hast ja derer drei, und keiner ist Dein echter Name, nicht?

AS: Alexandra Pilz ist mein Mädchenname. Unter diesem Namen habe ich Jugendbücher geschrieben, bevor ich zu Blanvalet gegangen bin und so das Genre in die Erwachsenenbelletristik gewechselt habe. Mit dem Genrewechsel hat sich der Verlag einen neuen Namen gewünscht, möglichst einen, den man auch englisch aussprechen kann – wie Anne Sanders eben. Als ich dann mit meinen Jugendbüchern zu dtv gegangen bin, wäre es verwirrend gewesen, für beide Genres den Namen Anne Sanders zu verwenden, allein wegen der nahe zusammenliegenden Erscheinungstermine.

 

BW: Jeanne Birdsall, die Autorin der Penderwicks, hat in einem Interview festgestellt, dass sie sich noch ganz genau erinnern könne, wie es war, Kind zu sein. Deine Jugendbücher erwecken in mir auch den Eindruck, dass Du Dich noch ganz genau daran erinnern kannst, wie es war, ein Teenager zu sein. Ist dem so?

AS: Tatsächlich werde ich im nächsten Jahr 50, und trotzdem ist Jugendbuch mein absolutes Steckenpferd. Ich habe nicht umsonst mit dem Schreiben von Jugendbüchern begonnen und auch wieder dorthin zurückgefunden, weil es mir einfach total Spaß macht, sie zu schreiben und zu lesen. Und ich kann die Gefühle, die diese Zeit mit sich bringt, noch sehr genau abrufen. Es geht nicht nur um erste Liebe und ersten Sex – zum Beispiel weiß ich noch ganz genau, wann ich meine erste Avocado gegessen habe. Ich glaube, da war ich schon vierzehn. Coming of Age und Erwachsenwerden ist eine dramatische Zeit. Ich weiß noch sehr genau, wie das war [lacht].

 

BW: Ist das Alter der Protagonisten auch etwas, das der Verlag festlegt?

AS: Bei den Lea Coplin-Büchern sind die Protagonisten tatsächlich etwas älter, 18 und 21, und da sprechen wir natürlich vorher ab, ob das im Jugendbuch möglich ist. Aber nachdem dtv Colleen Hoover unter Vertrag hat, in deren Büchern die Protagonisten manchmal noch älter sind, ist das hier zum Glück kein Problem.

 

BW: An welchem Punkt hast Du entschieden, dass Du Vollzeitschriftstellerin sein möchtest?

AS: Ich glaube, möchten möchte man das immer, aber entscheiden kann man es erst, wenn es tatsächlich möglich ist. Als ich mit meinem ersten Buch, Zurück nach Hollyhill, angefangen habe, habe ich noch Vollzeit als Redakteurin gearbeitet. Ich musste das Haus um acht Uhr verlassen und bin um fünf Uhr aufgestanden, um zu schreiben. Damals war ich wie besessen davon. Ich habe dagesessen und hatte Gänsehaut, weil mir das Schreiben so viel Spaß gemacht hat. Als dann nach Band eins auch Band zwei verkauft wurde, bin ich sukzessive immer weiter mit meinen Stunden runtergegangen, bis es dann irgendwann gar nicht mehr möglich war, nebenher zu arbeiten. Spätestens, als mit dem zweiten Verlag ein Buch mehr im Jahr auf dem Plan stand. Und nun ist die Schriftstellerei meine Arbeit. Und sie hat nicht wirklich viel an Reiz verloren, aber wenn ich Sonntagabend auf dem Sofa sitze, denke ich doch: „Morgen muss ich arbeiten.“ Dennoch: Die schönste Arbeit der Welt, zuhause, im Warmen, allein, mit meinen zwei Katzen.

 

BW: Und bespricht man im Vorfeld mit seinem Verlag, welche Ideen man hätte?

AS: Ja, natürlich. Meistens schlage ich mehrere Ideen vor, und dann entscheidet man zusammen mit der Lektorin, welche man macht, welche nicht, und welche man vielleicht noch aufhebt.  

 

BW: Hast Du ein Belohnungssystem? Wenn Du wieder mal einen Spiegel-Bestseller raushaust, kaufst Du Dir dann eine teure Handtasche oder so?

AS: Meistens belohne ich mich, indem ich mit meinem Mann schön essen gehe. Es gibt hier in München eine Kette englischer Restaurants, The Victorian House, da ist es sehr gemütlich und very British und gerade zur Weihnachtszeit wunderschön geschmückt. Es gibt englische Gerichte und englisches Bier, und wann immer es mit den Anne-Sanders-Büchern etwas zu feiern gibt, gehen wir eigentlich dorthin.

 

BW: Was ist Dein Lieblingskinderbuch?

AS: Das Tragische ist: Ich kann mich daran nicht erinnern. Ich habe erst kürzlich mit meinem Mann darüber gesprochen, ob mir meine Mutter überhaupt vorgelesen hat – ich weiß es einfach nicht mehr. Ich erinnere mich, dass ich später, als ich so zehn war, Enid Blyton gelesen habe und Trixie Belden, das war so eine Reihe über ein mutiges Mädchen und deren Abenteuer, ein bisschen wie Krimis für Zehn- bis Zwölfjährige.

 

BW: Hast Du mal eine Krimiphase gehabt?

AS: Ich hatte die absolute Krimiphase, weil ich jemand bin, der aus einem Genre, das ihm gefällt, dann gern gleich alles liest. Also habe ich eine Zeit lang nur Krimis gelesen, bis mir das alles dann doch irgendwann zu deprimierend wurde. Bei Arnaldur Indridason habe ich aufgehört, und dann bin ich zu den Jugendbüchern gekommen. Ich glaube tatsächlich sogar über Twilight, oder über Harry Potter.

 

BW: Was ist Dein liebstes Jugendbuch?

AS: Zählt Harry Potter als Jugendbuch? Dann sind es alle sieben Bände. Ich habe die damals angefangen, weil ich mein Englisch aufbessern wollte und dachte: „Ach, so ein Kinderbuch, das wird schon gehen.“ Seitdem bin ich absoluter Fan. Aber ich mag auch Jugendbücher von Maggie Stiefvater sehr gerne. Die finde ich ganz, ganz toll, quasi als Gesamtkunstwerk, denn sie malt auch und macht Musik.

 

BW: Wie bist Du zum kreativen Schreiben gekommen?

AS: Ich bin ja Journalistin, ausgebildet bei der Tageszeitung. Und ich habe diesen Weg eingeschlagen, weil ich immer schon schreiben wollte, nur habe ich nie an die Schriftstellerei gedacht. Das kam mir wohl zu absurd vor. Also Journalistin. Und jeder Journalist will irgendwann mal ein Buch schreiben, zumindest ist das in meiner Umgebung so. Irgendwann habe ich mich mit meinem Mann zusammen hingesetzt -er ist auch Journalist – und wir haben jeder einen Romananfang geschrieben. Davor haben wir ein paar Theoriebücher gelesen, Wie man einen verdammt guten Roman schreibt zum Beispiel. Dabei bin ich mir gar nicht sicher, ob man die Theorie wirklich braucht. Lesen ist eigentlich der beste Lehrer.

 

BW: Wie viele Bücher schreibst Du pro Jahr?

AS: Dadurch, dass ich zwei Verlage habe, sind es mindestens zwei pro Jahr. Wenn dazu noch die Abstände zwischen Romanen kürzer werden – wie bei Nichts ist gut. Ohne dich., das im April erschienen ist, und Nichts zu verlieren. Außer uns., erschienen im September, dann wird es allmählich knapp. Es ist ja nicht nur das Schreiben, auch das Überarbeiten dauert lange. Dann kommt der Satz, und die Fahnen müssen korrigiert werden. Also im Augenblick ist wirklich viel zu tun, aber das ist ja auch gut. Besser, als andersherum.

 

BW: War es leicht für Dich, einen Verlag für Deinen ersten Roman zu finden?

AS: Ich hatte tatsächlich ziemliches Glück, weil ich sehr bald meine Agentin hatte, Rosi Kern. Sie ist mit meinem Mann in die Grundschule gegangen und hat ihn angeschrieben, nachdem sie einen seiner Artikel über Literatur in der Zeitung gelesen hatte. Wir haben ihr dann beide unsere Romananfänge geschickt, und die Agentur – Agence Hoffman – hat uns beide unter Vertrag genommen. Das war wirklich sehr, sehr glücklich. Und Rosi hat dann wiederum mein Exposé und den Anfang von Zurück nach Hollyhill mit zur Buchmesse nach Frankfurt genommen.

 

BW: Schreibst Du ein Buch fertig und startest dann das nächste?

AS: Eigentlich ja. Aber, wie schon gesagt, ich fange das nächste an, dann kommt noch die Überarbeitung von dem vorherigen, dann die Fahnen, etc. etc.

 

BW: Mir gefällt vieles an Deinen Büchern. Besonders bemerkenswert finde ich, dass sie so eine eigene, markante Stimme auszeichnet.

AS: Dankeschön! Das höre ich tatsächlich öfter, und es freut mich immer sehr.

 

BW: Du kommst ja aus der Serien- und Medienecke und hast berühmte Persönlichkeiten interviewt.

AS: Das stimmt. Ich bin Printjournalistin gewesen, habe aber unter anderem für eine Nachrichtenagentur viel im Unterhaltungsbereich gearbeitete, das heißt, Kinokritiken geschrieben und Schauspieler interviewt. Alan Rickman zum Beispiel, den ich immer schon sehr verehrt habe – obwohl er dann beim Interview sehr strikt Fragen zu Harry Potter abgelehnt hat, was ich schade fand. Und Rosamunde Pilcher war ein Highlight. Seitdem liebe ich diese Frau. Sie ist über 90, topfit und so humorvoll. Ich hoffe, dass meine Bücher noch irgendwann ins Englische übersetzt werden, weil ich ihr gern eins schicken würde. Hollyhill hat sie schon – sie ist in München bei der gleichen Agentur wir ich und so konnte ich den Kontakt herstellen. Sie hat mir daraufhin geschrieben, dass sie es ins Regal gestellt hat, weil es so schön gelb ist. Eine so tolle Frau.

 

BW: Ich gehe davon aus, dass Du auch ein großer Jane Austen-Fan bist.

AS: Ja, ich mag Jane Austen und auch Elizabeth Gaskell, wobei die Schreibe heute natürlich etwas antiquiert daherkommt.

 

BW: Was liest du sonst noch gern?

AS: Im Augenblick halte ich es so: Wenn ich Jugendbücher schreibe, lese ich Jugendbücher, und wenn ich Frauenunterhaltung schreibe, dann Frauenunterhaltung. Ich habe gerade das aktuelle Buch von Petra Hülsmann gelesen, das hat mir sehr gut gefallen. Jenny Colgans Sommerküche am Meer fand ich auch toll.

 

Yay! Und ich finde Anne Sanders, Lea Coplin und Alexandra Pilz toll! Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview!
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